1.Quartalsbericht (zum 30.09.2010)

Sorry, das die Formatirung so komisch ist, aber die Seite hier kommt nicht mit meiner Word-Version klar :(. Trotzdem viel Spaß beim Lesen!

Meine ersten zwei Monate in Brasilien Sehr geehrte Rotarier des Rotary-Club Gummersbach, Nun ist es schon knapp zwei Monate her, dass ich nach einigen Problemen mit der Beschaffung des Visums und einem schweren Abschied von meiner Familie, mit anderen Rotary-Austauschschülern im Flugzeug von Frankfurt nach Sao Paulo saß. Glücklich, gespannt, etwas mitgenommen von dem Stress der letzten Tage in Deutschland, froh und traurig zugleich mit dem Wissen, in das größte Abenteuer meines bisherigen Lebens aufzubrechen und zugleich meine Familie und meine vertraute Umgebung für ein Jahr weit hinter mir zulassen... Am 5.August 2010 um 22:30 ging mein Flieger von Frankfurt nach Sao Paulo. Zusammen mit 57 anderen Outbounds, von denen drei mit mir bis nach Foz do Iguacu weiter fliegen sollten, passierten wir die Sicherheitskontrolle für den Flug Frankfurt-Sao Paulo. Während ca. 11 Stunden Flug hatten wir genug Zeit uns besser kennen zu lernen und Visitenkarten und Pins auszutauschen. Der Flug verlief ruhig und nach einem fünfstündige Aufenthalt in Sao Paulo, saßen Sarah, Alexander, Leonie und ich auch schon im Flugzeug von Sao Paulo nach Foz do Iguacu, wo ich herzlich von meinem Gastvater und zwei meiner Gastschwestern empfangen wurde. Wir sind noch etwas essen gegangen haben uns dann auf den Weg nach Laranjeiras do Sul gemacht, der Stadt, die ich von nun an mein Zuhause nennen sollte. Nach drei Stunden Autofahrt, während denen ich meinen ersten, wunderschönen, brasilianischen Sonnenuntergang erlebt habe , erreichten wir das Haus meiner Gastfamilie, wo bereits meine Gastmutter, meine dritte Gastschwester und sämtliche weitere Familienmitglieder mit dem Essen auf uns warteten. Meine erste Gastfamilie besteht aus Vater (Deocleico), Mutter (Nelci) und den drei Schwestern; Nadine (13), Natasha (11) und Nadiellen (17).Wir haben zusammen gegessen und nach einem kurzen Rundgang durch das Haus, war ich froh, Schlafengehen zu können. An den nächsten beiden Tagen (Wochenende) waren wir einmal bei einer Tante und bei den Großeltern, wo wir mit der ganzen Familie (einschließlich sämtlicher Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins, insgesamt gut 25 Personen)gegrillt haben. Ich hatte also direkt Gelegenheit sämtliche meiner „Gast-Verwandten“ kennen zu lernen und bin von allen sehr herzlich empfangen worden. Sofort war ich mitten in meiner brasilianischen Großfamilie drin, wurde wie ein Familienmitglied behandelt und habe mich schnell so gefühlt. Nach dem Wochenende hatte ich noch eine Woche Ferien, genug Zeit um die Stadt zu erkunden, Portugiesisch zu lernen und den Jetlag auszuschlafen. Obwohl ich die freie Zeit genossen habe, war ich froh, als die Schule angefangen hat, weil ich endlich Leute in meinem alter kennen lernen wollte. An meinem ersten Schultag bin ich allerdings schon nach der zweiten Stunde von meinem Counsellor abgeholt worden, weil wir mit den Outbounds aus meinem Rotary-Club einen Termin beim Bürgermeister und mit der Zeitung hatten. Direkt in der ersten Woche stand ich drei Mal in der Zeitung. Natürlich habe ich mich über das Interesse gefreut, aber es war etwas gewöhnungsbedürftig für mich, direkt von allen und jedem erkannt zu werden. Egal welches Geschäft ich betreten habe, überall wurde mir erstmal die Zeitung hingehalten und ich wurde gefragt, wie mir Brasilien gefällt. Dass ich das nach meiner ersten Woche hier, in der ich nur einen sehr kleinen Teil von dem riesigen Land gesehen hatte nicht direkt sagen konnte, hat kaum einer verstanden. Ein überzeugtes „Es gefällt mir gut hier“ , hat hingegen Begeisterung hervorgerufen. Aber zurück zur Schule: An meinem zweiten bzw. erstem „richtigen“ Schultag hatte ich dann wirklich die Gelegenheit, meine Mitschüler/innen kennen zu lernen. In den ersten Schultagen habe ich mich hauptsächlich mit denen unterhalten, die Englisch konnten, aber alle waren total freundlich und hilfsbereit zu mir und mit Händen, Füßen und einem Mix aus Englisch und Portugiesisch, war schnell ein Weg gefunden sich auch mit denen, die kein Englisch sprechen zu verständigen. Vom Unterricht an sich verstehe ich nicht viel, zumal hier fast durchgehend der Lehrer spricht und auch Englisch komplett auf Portugiesisch unterrichtet wird. In den Naturwissenschaften, kann ich relativ gut mitarbeiten, in den anderen Fächern lerne ich meistens Portugiesisch. Das wird immer besser und obwohl ich am Anfang kaum sprechen konnte, verstehe ich inzwischen wirklich viel, und kann mich schon gut verständigen. Alle hier sehr bemüht mir zu helfen und gerade viele Lehrer interessieren sich sehr für Deutschland und mein Leben dort. Mein Soziologie-Lehrer hat, als die Klasse einen Test geschrieben hat, den ich noch nicht mitmachen konnte, extra ein Blatt „For my german student“ in wunderbarem Google-Translator-Englisch gemacht, mit Fragen wie ich die Stadt finde, was ich von seinem Unterricht halte und wie in Deutschland unterrichtet wird und mein Sportlehrer kam direkt in der ersten Stunde zu mir und wollte, dass ich ihm die Namen der deutschen Fußballspieler richtig vorspreche, was gar nicht so einfach ist, wie es sich anhört, denn man muss erstmal darauf komme, dass „Kadschian“ „Kahn“ oder „ Studschigadadschi“ „Stuttgart“ heißen soll. Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler ist hier viel freundschaftlicher und lockerer als in Deutschland; die Schüler sprechen die Lehrer beim Vornamen an und unterhalten sich mit den Lehrern, wie mit guten Freunden. Was mir noch sehr positiv aufgefallen ist, ist die große Eigeninitiative der Schüler. Die Lehrer geben oft Gruppen-Hausaufgaben oder Referate auf, die mit mehreren Leuten bearbeitet werden müssen. Da ist für alle selbstverständlich, dass bei so etwas die persönlichen Termine zurückstecken müssen und es ist überhaupt kein Problem, solche Treffen zu organisieren. Wo es in Deutschland schon manchmal schwer ist, zu zweit ein Referat vorzubereiten ist es hier normal, sich mit sieben Leuten Sonntags zu treffen um zusammen einen Film für Literatur zu drehen. Nach der Schule holt mein Gastvater meine Gastschwestern und mich ab und wir fahren nach hause zum Mittagsessen, was eigentlich immer aus Salat, Bohnen, Reis und sehr viel Fleisch besteht. Nach dem Mittagessen ist Zeit für Hausaufgaben und zum Lernen, bevor man nachmittags etwas unternimmt. Abends wird eigentlich immer Ferngesehen und manchmal gehe ich davor noch mit meiner Gastmutter und Nadine und Natasha schwimmen. In den ersten Wochen nachmittags viel Zeit, in der ich nichts zu tun hatte, weil meine Gasteltern arbeiten und meine Gasschwestern und Freundinnen lernen und Hausaufgaben machen mussten und keine Zeit hatten etwas zu unternehmen. Das war auch die Zeit in der ich oft Heimweh hatte, aber inzwischen gehe ich ein Mal in der Woche zu den Meetings von Interact und Rotary, die immer sehr schön sind und während denen ich die Möglichkeit habe, Leute kennen zu lernen und über Deutschland zu berichten. Ich treffe mich auch immer wieder mit Freundinnen und wir gehen zusammen Eis essen, machen DVD-Abende oder gehen einfach durch die Stadt und unterhalten uns. Seit drei Wochen ist auch noch ein Austauschschüler aus Mexiko in dem Rotary-Club hier, mit dem ich auch viel zusammen unternehme. Die Wochenenden habe ich bisher immer mit meiner Gastfamilie verbracht, Samstagvormittags ist hier noch Werktag und sonntags besuchen wir immer irgendwelche Familienmitglieder. Bis jetzt habe ich noch nichts außerhalb der Stadt mit meiner Gastfamilie unternommen. Das finde ich ein bisschen schade, weil eigentlich gerne etwas mehr von dem Land, in dem ich jetzt lebe sehen würde, aber es ist hier nicht so normal wie in Deutschland, dass man am Wochenende Familienausflüge macht (was mag daran liegen, dass die Entfernungen hier sehr viel größer sind) und ich möchte hier schließlich wie meine Familie und nicht wie eine Touristin leben. Letzten Mittwoch hatte ich die tolle Gelegenheit, mit einer Klasse von meiner Schule nach Foz do Iguacu zu fahren, wo wir die Iguacu Wasserfälle (die größte Wasserfälle der Welt) und den Intaipu-Staudamm besichtigt haben. Itaipu heißt „singendes Wasser“ und in dem Staudamm befindet sich ein riesiges Wasserkraftwerk, das 20% des Stroms für ganz Brasilien und 90% des Stroms für Paraguay ganz umweltfreundlich produziert. Dort haben wir eine Rundfahrt mit dem Bus gemacht. Die Iguacu-Fälle liegen mitten im Urwald und auf einem Rundweg, der von Aussichtsplattform zu Aussichtsplattform führt, kann man, ganz viele bunte Vögel und Schmetterlinge sehen. Die Wasserfälle an sich sind einfach nur beeindruckend. Wenn man den Fluss vor den Fällen sieht, kann man sich nicht vorstellen, dass er wenige Meter später in „runterfällt“ und so riesige Wasserfälle bildet. Auch, wenn ich erst einmal richtig aus der Stadt herausgekommen bin, erleb ich hier doch immer etwas. Eines der für mich eindruckvollsten und lustigsten Erlebnisse war, als meine Gastmutter (sie hat eine Apotheke) ein Huhn geschenkt bekommen hat. Auf dem Weg von der Oma nach Hause erzählte mir meine Gastschwester „meine Mutter hat ein Huhn in der Apotheke.“, das klang so, als wäre es das normalste von der Welt. Zu Hause angekommen sind wir dann in die Apotheke und dort war tatsächlich ein Huhn; eingewickelt in einen Sack und lebendig. Ein Mann hatte es meiner Gastmutter geschenkt. Ja, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe „nur im Urlaub im Warmen“ zu sein, wird mir immer wieder bewusst, dass ich hier fast in einer anderen Welt lebe. Zwar ist der Süden Brasiliens sehr westlich geprägt, aber es gibt doch viele Unterschiede zu Deutschland, die ich gar nicht alle aufzählen und beschreiben kann... Hier wird es jetzt Frühling und ich genieße im Moment Sonne und 37°C. Schon jetzt, nach zwei Monaten habe ich hier so viel erlebt, gelernt und gesehen und ich bin froh, mich entschieden zu haben, ein Jahr hier zu leben. Vielen Dank, dass Sie mir das ermöglichen! Herzliche Grüße Elena Rother